Freitag, 7. September 2012

TAG SECHSUNDZWANZIG: 101KM (GESAMT 2182KM), VON LÅNGSELE NACH JUNSELE


Ich bin verdammt müde. Mein Wecker hat heute früh nicht geklingelt und ich habe für alles so lang gebracht, dass ich erst kurz nach elf losfahren konnte. Es ging viel auf und ab und die Fahrt zog sich heute besonders. Darum musst ich bis kurz nach acht fahren. Einerseits, weil ich unbedingt wieder 100 Kilometer schaffen wollte, andererseits, um den Campingplatz zu erreichen, wo ich jetzt bin. Und ich bin der einzige! Keine Caravans, keine Leute in den kleinen Hütten, keine anderen Camper. Vorhin waren hier noch einige Leute, die auf die Teilnehmer an einem Orientierungslauf durch den dunklen Wald gewartet haben. Sie haben mir auch die Waschräume geöffnet. Jetzt sind auch sie weg. Jetzt bin ich allein hier. Gespenstisch, ein wenig. Aber ich freue mich schon auf die Dusche morgen früh! Und morgen stehe ich früh auf! Das habe ich mir vorgenommen! :)
Ich werde übrigens ab morgen oder übermorgen wieder der Route, die ich im Internet auf der Website der anderen beiden Nordkap-Reisenden gefunden habe, folgen. So spare ich im Gegensatz zur weiteren Benutzung des Sverigeleden 252 Kilometer. Und ich weiß genauer, durch welche Orte ich komme. Vom Sverigeleden habe ich nämlich nur ein A4-Blatt mit einer kompletten Schwedenkarte, die dementsprechend ungenau ist.
Aber macht euch keine Sorgen! Der Tag war zwar nicht der beste und es hat dauern geregnet, aber nur so lang, dass es wieder aufhörte, als ich alle Regensachen angezogen hatte, und mein Rad ist dauern umgekippt, da der Fahrradständer von der zu großen Last in den letzten Wochen ziemlich verbogen ist, aber ich fühle mich gut! Ich hatte einen leckeres Abendessen und einen Daim-Cappuccino und mein Schlafsack ist warm! Jetzt sin es noch ungefähr 1200 Kilometer und ich habe noch 21 Tage. Das ist schaffbar. Wenn es aber zu kalt wird — diese wird wirklich kälter, es ist wie im späten Herbst — werde ich nicht unsinnig weiterstrampeln. Aber ich will es natürlich ohne Bus-Etappe zwischendrin schaffen! :)  
Heute habe ich wieder einen Mann getroffen, der schon am Nordkap war. Er erzählte begeistert und ehrfürchtig davon. Davon, dass man wirklich am Ende der Welt sei. Ihre Krümmung sehe.
Mit diesem Bild im Kopf schlafe ich jetzt ein. 
Gute Nacht!
Tom

Donnerstag, 6. September 2012

TAG FÜNFUNDZWANZIG: 92,2KM (GESAMT 2081KM), VON BARSBACKEN NACH LÅNGSELE


Immer, wenn ich die Blogeinträge schreibe, gibt es nur das. Denn durch das Schauen auf das Display des iPhones — sogar, obwohl ich die Helligkeit auf das Minimum gestellt habe — wird alles andere ausgeblendet. Die gelben Wände des Innenzeltes, der schwarze Schlafsack, die grüne Wasserflasche, die gelbe Fahrradtasche — sie alle verschmelzen zu vollkommener Schwärze. Da ist nur die kleine Tastatur, meine tippenden Finger und — gerade — die Beatles, ganz leise aus dem iPhone schallend. So allein bin in gar nicht. 
Der Tag begann gut: komplett trockenes Zelt. Kein Kondenswasser. Herrlich! Schnelles Zusammenpacken. Müsli. “Der Alchimist” zu Ende gelesen. 
Dann wurde es schlechter: Enorm stärker Gegenwind, der mich trotz länger Hose und Fleece-Pullover frösteln ließ und voller Sonnenschein, der mich schwitzen ließ. Nachdem ich an der Stelle, an der ich genau 2000 Kilometer hinter mir hatte, kurz Pause machte und mir die Zähne putzte, eine Kekspackung in der Vorderradtasche entdeckte, einen Keks aß und schließlich ein weiteres mal Zähne putzte, wurde die Straße furchtbar. Baustelle. Kies. Steine, so groß wie Tischtennisbälle. Schrecklich, darauf Rad zu fahren. Nach einigen Kilometern eine abzweigende Straße. Zwei Schweden im Auto sagten mir, ich könne sie nehmen, sie führe zum gleichen Ort. Das tat ich also. Es war eine richtige Entscheidung. Immer noch kein Asphalt, aber feste Erde. Dann ein Wasserfall. Groß. Mit viel Touristentara: Büro, Infotafeln, Bank-Tisch-Gebilde aus Holz überall, ein Café. Und kein Mensch. Alles verlassen. Die Saison ist hier wirklich schon vorbei. Jetzt warten alle auf den Schnee, denke ich. Ich komme an immer mehr Wegen mit Markierungen für Schneemobile vorbei. (Heißen so diese Jetski-artigen Gefährte für Schnee?)
Dann wurde es gut. Ich schaffte schnell viel. Dabei hörte ich, da der erste von drei Teilen von “Die Tore der Welt” vorbei war, Tachaikowski. Ein toller Komponist. Das war in diesem Moment wirklich genau das Richtige. Es wird immer einsamer und wilder. Jetzt gibt es streckenweise wirklich über dreißig Kilometer kein Haus mehr. Nur die Straße, die Telefonleitung links und die Stromleitung rechts. Die Vorstellung, an Gesprächen, die gerade geführt wurden, vorbeizufahren, gefiel mir. 
Schließlich war ich vorhin einkaufen. Dafür habe ich einen Umweg von ungefähr zwölf Kilometern auf mich genommen. Dementsprechend habe ich auch beim Einkäufen etwas übertrieben und jetzt so viel essen, dass ich es niemals vor irgendeinem Tier verstecken können würde. Aber ich habe lieber zu viel, als — wie den halben Tag lang — fast nichts. 
Mein Abendbrot: Tagliatelle mit Pesto, Feldsalat und Parmesan. Dazu eine Dose Cola. Wunderbar!
Habe auch nur einmal den Kocher mit dem vollen Topf kochenden Wassers umgeschmissen.
Und nun: gute Nacht!
Bis morgen,
Tom

Mittwoch, 5. September 2012

TAG VIERUNDZWANZIG: 15,3KM (GESAMT 1988KM), VON TIMRÅ NACH BARSBACKEN


Heute, an diesem Abend, ist gerade alles so, wie es sein sollte. Ich bin rundum zufrieden mit meiner Lage. 
Mein Zelt steht an einem tollen Ort: Der Anfang eines Waldes, durch nicht mehr benutzte Waldwege in kleine Abschnitte geteilt. Die Straße 331, der ich nun folgen werde, führt einige Meter westlich und ein paar Meter näher am Meeresspiegel nach Norden. Autos fahren darauf entlang und ihre Lichter bleiben für einige Sekunden an der Fußseite meines Zeltes hängen. Der Wald hat hier einen Ebenen Boden, überwuchert mit Moos, sodass ich besonders weich liege. Zweimal sind Wildgänse vorbeigeflogen und haben ihr komisches Quäken hören lassen. 
Mir ist warm: ich liege in meinem neuen Schlafsack von Fjall Räven — einer schwedischen Firma. Außen ist er grau-schwarz. Abweisend. Für die bösartige Kälte. Innen ist er rot wie das Metall meines Kochers, kurz nachdem ich ihn ausgeschaltet habe. Mir ist so warm, dass ich den Schlafsack momentan sogar noch geöffnet habe.
Ich hatte wenig Aufwand bei der Essenszubereitung, alles war unkompliziert: denn ich habe eben jenen besagten Kocher heute mal nicht benutzt. Es ist immer sehr aufwändig, alle Kochutensilien aus den verschiedenen Taschen zu kramen, Wasser zu kochen, es abzugießen, abzuwaschen, die Töpfe weit weg vom Zelt aufzubewahren, alles wieder einzupacken. Also habe ich einfach nur Nutella-Brote gegessen. Und einen Apfel. Pink Lady. Das sind die besten Früchte, die es gibt. Meiner Meinung nach.
Ich konnte so richtig im Wald herumstapfen: ich habe mir nämlich auch wärmere Schuhe gekauft, da ich ja nur Birkenstock-Sandalen und vorrangig aus Stoff gemachte Adidas-Schuhe dabeihatte. Jetzt habe ich famose, neue, preislich reduzierte, lederne, feste, wasserdichte Meindl-Wanderschuhe! Sehr schön! Sie eignen sich nicht nur ausgezeichnet zum inbrünstigen Herumtrampeln im Wald — wofür ich sie gerade äußert begeistert einige Minuten genutzt habe —, sondern auch ausgesprochen gut zum Radfahren: da sie eine so feste Sohle haben, verteilt sich die Kraft viel besser und es ist merklich leichter, zu treten! Auch Fahrradschuhe zeichnen sich ja durch ihre besonders festen Sohlen aus. 
Es ist trocken: mein Zelt hat die ganze Nacht und den halben Tag im Vandrarhem an dem Doppelbett, das zusätzlich zu dem einzelnen Bett, in dem ich geschlafen habe, in meinem Zimmer im Vandrarhem gestanden hat, gehangen und ist nun rundum dehydriert. Herrlich! Auch der Wald ist an fast keiner Stelle feucht und bis jetzt hat es auch nicht geregnet.
Es ist alles übersichtlich: die zwei großen Hinterradtaschen stehen mit den Rack-Pack im Vorzelt — der “Apsis”. Die Linke Vorderradtasche, in der ich das meiste Essen aufbewahre, hängt mit einer Züge mit dem restlichen Essen und meiner Waschtasche an einem Baum. Leider nicht ganz in drei Metern Höhe und einen Meter vom Stamm entfernt, wie es gegen Bären empfohlen wird. Aber ehrlich gesagt: wie soll man das ohne langes Seil hinbekommen? Hier im Zelt bin nur ich, im Schlafsack, auf der Isomatte, hier ist meine rechte Vorderradtasche, die all den wichtigen Kleinkrams beherbergt, meine Kleidung von heute, die Hüllen von Schlafsack und Matte, das Handy, Pfefferspray, Taschenlampe, Kartentasche. Und eine Wasserflasche. Das klingt vielleicht nach viel, es ist aber enorm aufgeräumt. Das freut mich, weil ich dann morgen früh nicht so viel zu tun habe.
Natürlich kann ich auch die vergleichsweise eklatant niedrige Tageskilometerzahl nicht unerwähnt lassen: es liegt an meinen Einkäufen. Um kurz nach zehn fuhr ich mit dem Rad ins Stadtzentrum von Timrå, schloss es an und stieg in einen Bus, der mich in das Sundsvall vorgelagerte Industrie- und Shoppinggebiet bringen sollte. Das tat er. Zuerst klapperte ich drei riesige Sportausstatter ab. Sie hatten auch Schlafsäcke. Doch entweder nur für den Sommer oder nicht in meiner Größe. Ich war bereits ein wenig unruhig. Also habe ich kurz bei Toys ‘R us reingesehen. In stillem Gedenken an Früher.
Dann begab ich mich in ein großes Einkaufszentrum und bei Intersport wurde ich fündig. Drei Schlafsäcke standen zur Wahl. Um mich entscheiden zu können, verließ ich das Gebäude wieder und ging … zu Ikea. Schon am Anfang meiner Reise habe ich mir halbherzig vorgenommen, aus Ironie in Schweden in einem Ikea Kötbullar essen zu gehen. Es war wunderbar. Und ich bekam sogar den Ikea-Family-Rabatt. Dabei gehöre ich gar nicht zu denen. Leider gab es kein WLAN bei Ikea, also sprang Mama ein und informierte sich über die Schlafsäcke. Die Entscheidung war dann ziemlich schnell klar. Und jetzt lief ich drin, im Ergebnis. Nachdem ich noch gefühlte einhundertmal mein Glas gratis nachgefüllt hatte und ein tolles Möbelstück entdeckt hatte, ging ich zurück und kaufte den Schlafsack. Ungefähr um diese Zeit sollte ich laut meiner Abmachung mit dem Vandrarhembesitzer wieder da sein. Leider verzögerte meine Ankunft sich ein wenig. Um ein paar Stunden. Erst ‘kurz’ zu McDonalds, um ein neues Hörbuch herunterzuladen. Eine Stunde. Dann zum Bus. Warten. Fahren. Halbe Stunde. Station verpassen. Null Sekunden. Aber dummerweise mehrere Minuten Reationszeit. Aussteigen. Hilflos sein. Bushaltestelle in Gegenrichtung aufsuchen. Zwischendurch kurz einkaufen. Fünfzehn Minuten. Ungewisses Warten. Zehn Minuten. Bus. Rein. Geld. Fahrt. Fünf Minuten. Raus. Rad. Zurück. Nicht um 2, sondern um fünf wieder da. 
(Wer jetzt nachrechnet, dem sei gesagt: ich habe die Zeitangaben geschätzt.)
Um zum Schluss zu kommen: als ich um kurz nach sechs alles aufs Rad geladen hatte, konnte ich losfahren. In weniger als einer Stunde — denn gegen sieben versuche ich ja immer, einen Platz fürs Zelt gefunden zu haben — schafft man aber eben leider nicht viel.
Nun, das war’s für heute. Jetzt machen sich die vielen Gratis-Nachfüllungen bemerkbar. Großartig!
Gute Nacht!
Tom

Dienstag, 4. September 2012

TAG DREIUNDZWANZIG: 126KM (GESAMT 1973KM), VON ECKELSBO NACH TIMRÅ


Durch die dünne Wand links neben mir höre ich einen Mann schnarchen. Heute sind es also nicht die Geräusche imaginierter bedrohlicher Lebewesen vorm Zelt, mit denen sich meine Gedanken beschäftigen, sondern die Laute eines einzelnen, sehr realen Menschen. 
Ich bin in Timrå, kurz hinter der großen Stadt Sundsvall, in einem Vandrarhem. Und ich habe endlich wieder Geld- und Kreditkarte! Der Brief, dessen wegen (?)  ich nach Kristinehamn gekommen bin und der ja erst zwei Tage nach mir dort eintraf, ist jetzt hier. Vom Vandrarhem dort nach hier weitergeleitet. Also gehe ich morgen shoppen. ;) Ich brauche dringend einen wärmeren Schlafsack sowie wärmere Schuhe. Beides bekomme ich in den großen Läden außerhalb der Stadt,  die ich schon auf meiner Fahrt von Sundsvall hierher gesehen habe — samt meines ersten Ikeas in Schweden! Ich könnte ja Köttbullar essen gehen …:) Die schwedische Aussprache ist übrigens, finde ich, sehr interessant: So heißt es gesprochen eben nicht “Köttbullar”, sondern “Schöttbular”, nicht “Kyrka” (Kirche), sondern “Schyrscha”, nicht “Falköping”, sondern “Falschöping”. Und jetzt muss ich dringend schlafen. Entschuldigt bitte, dass der Eintrag nur so kurz ist – morgen kommt dafür ein umso längerer! So viel sei schon gesagt: Ich habe seit heute endlich so richtig und vollkommen das Gefûhl., in Schweden zu sein. Morgen überquere ich höchstwahrscheinlich die 2000-Kilometer-Marke! Ich freue mich schon auf die erste Nacht im neuen Schlafsack! Und jetzt: gute Nacht! Mir fallen beim Schreiben dauernd die Augen zu. 
Schlaft gut,

Montag, 3. September 2012

TAG ZWEIUNDZWANZIG: 80,7KM (GESAMT 1847KM), VON BOLLNÄS NACH ECKELSBO


Ich habe das Brot wiederentdeckt. Heute morgen ein ausgedehntes Frühstück, das ich aufgrund der extrem hohen Frequentierung meiner Nutella-Stullen durch Wespen dann in die Campingplatzküche verlagern musste.
Ironischerweise leisteten mir auch heute Abend einige Wespen Gesellschaft, bis ich feststellte, dass ich gerade dabei war, mein Zelt genau auf dem Eingang zu ihrem unterirdischen Nest aufzubauen. Also bin ich einige Meter umgezogen. Der Platz hier ist wirklich alles andere als ideal: es ist win kleines, feuchtes, momentan scheinbar unbewirtschaftetes Feld am Rand einer Straße. Schlauerweise habe ich mein Zelt auch noch genau auf einer dieser Traktorspuren aufgestellt, deren Rillen immer voll brackigem Wasser sind. Man kann mich von der Straße ziemlich gut sehen. Dunst kriecht über das Feld. Irgendwie bin ich todsicher, dass es morgen früh regnen wird! Aber ich freue mich schon ausgesprochen auf mein Müsli! Mittlerweile habe ich fast die ganze Palette der schwedischen Müslis ausprobieren können und bis jetzt ist ‘Tropical’ mein Favorit! In den letzten Tagen häufen sich die atemberaubenden Aussichten, muss ich sagen. Dass man die nicht so oft hat, liegt natürlich an dem ganzen Wald hier. Der versperrt unerbittlich die Sicht. Heute aber fuhr ich an der Westseite eines flachen Berges entlang, auf der fast keine Bäume wuchsen. Man hatte eine grandiose Sicht auf einen kilometerlangen See mit vielen kleine. Buchten auf der anderen Seite, umstanden vom dichten Dunkelgrün der Nadelwälder. Dahinter erhoben sich Berge in die Höhe, über deren Gipfel die Abendsonne in meine Richtung schien. Es sah aus wie in der Warsteiner-Werbung. Nur unendlich viel besser. Und ohne die Stimme. 
Ich habe auch das Gefühl, dass die Tage tatsächlich länger werden. Als ich heute um zwanzig nach fünf am morgen kurz aufwachte, schien bereits die Sonne. Und es war bis kurz vor neun noch richtig hell. Spannend!
Die ganze Zeit, während ich das schreibe, habe ich das Gefühl, Geräusche am Zelt und am Fahrrad, welches am Zelt angeschlossen ist, zu hören. Die meisten Geräusche macht man allerdings selbst. Zum Beispiel dachte ich gerade mehrere Minuten lang, das Knistern von Gras und Zweigen unter den Schritten eines kleinen Tieres neben meinem Zelt zu hören. In Wahrheit war es aber nur mein Schlafsack, de sich durch meine Atmung hob und senkte. 
Aber ursprünglich habe ich ja vom Brot geschrieben. Brot heute morgen. Mit Nutella-Imitat. Brot heute Mittag. Mit Margarine und Pfeffer und Salz. Brot heute Abend mit Schinken, Pfeffer und einer Maggi-Pilzsuppe. Ich höre gerade das Hörspiel von “Die Tore der Welt” von Ken Folett. Da wird auch nur so rustikal gegessen. Beim Fähren ist mir so das Wasser im Mund zusammengelaufen, dass ich meinen Einkauf heute Nachmittag direkt angepasst habe. 
Das Tropical-Müsli passt natürlich nicht ins vierzehnte Jahrhundert. Ich freue mich trotzdem darauf!
Ich wünsche euch eine gute, bärenfreie Nacht! Achtung! Bären lieben, wie ich jetzt weiß, Zahnpasta! :)
Schlaft gut.
Tom

Sonntag, 2. September 2012

TAG EINUNDZWANZIG: 118KM (GESAMT 1766KM), VON LÅNGFÄBODARNA NACH BOLLNÄS


Was für ein toller Tag! Und er begann mit Regen. Sich noch im Zelt die Regenjacke anziehen zu müssen, in der Gewissheit, dass man gleich alles in Nässe zusammenpacken muss, ist kein guter Start in den Tag. Und es regnete. Keine richtigen Tropfen, eine Art Sprühnebel. Mit Mülltüten um die Handschuhe fuhr ich dahin. Als ich im ersten Ort angekommen war, hatte ich schon 30 Kilometer geschafft. Das motivierte mich. Dreißig ist immerhin fast ein Drittel dessen, was ich am Tag schaffen will. Dann wurde es sonnig. Angenehm warm. Ich konnte die ganzen lästigen Regensachen ausziehen und nur mit kurzer Hose und T-Shirt fahren. Und dann wurde die Strecke atemberaubend und einfach großartig. Die Wälder wurden immer lichter, niedriger und heller. Die Straße führte auf einer Art hohem Damm durch die Landschaft. Wegen der wenigen Bäume konnte ich weit sehen, niemand anderes war da. Man sah keine anderen Straßen, keine Siedlungen, kein einziges einzelnes Haus. Nur die Bäume, Breite Stromleitungen, ferne Berge, einen See zwischen Grün und den weiten, großen Himmel. Voll von verschiedensten Wolken. Die Straße ging leicht abwärts, ich hörte gute Musik und es war der beste Moment meiner bisherigen Reise. Ein wirklich, wirklich glücklicher Tag! Als ich die 50 Kilometer, die die beiden Orte voneinander trennten, zurückgelegt hatte, hatte ich gar nicht das Gefühl, sehr lange oder sehr weit gefahren zu sein. Denn ich hatte mich beim Fahren nicht auf das Fahren selbst konzentriert. Ich bin heute zu zwei Schlüssen gekommen, die für so eine Radtour zu gelten scheinen, aber womöglich auch eine allgemein gültige Natur haben:
1. Man darf nicht zu viel nach vorn sehen. Man verpasst dann, was es an den Seiten zu sehen gibt und konzentriert sich nur auf das, was man noch schaffen will, aber nicht auf das, was man gerade tut.
2. Wenn man einen Berg hinunterfährt, schnell wird, Spaß hat, es genießt, darf man auf keinen Fall daran denken, dass auf das Hinunterfahren die Auffahrt auf den nächsten Berg folgt. Sonst hat man schon verloren. Dann geht einem schon im Hinabrollen die Kraft verloren, die man gleich brauchen wird. 
Ich bin unsagbar müde und zufrieden. Es ist halb zwei nachts. Es gibt hier auf dem Zeltplatz WLAN. Das hat mich aufgehalten. Gute Nacht
Oder auch guten Morgen!
Tom 

Samstag, 1. September 2012

TAG ZWANZIG: 101,7KM (GESAMT 1648KM), VON HALVARSGÅRDANA NACH LÅNGFÄBODARNA


Wer geht gern nachts durch den dunklen Wald? Wo der Mond scheint und es ist furchtbar kalt? Und mit der Aussicht, dort noch einige Stunden zu verbringen? Unter Sternen und wahrscheinlich zwischen allen möglichen Raubtieren? 
Das bin dann wohl ich. Gerade. Das ist wirklich ein gespenstischer Ort. Ein einsamer Wald, eine T-Kreuzung aus breiten Schotterwegen, klarer Himmel, heller Mondschein, runder weißer Kreis auf Blau, das Rauschen eines Flusses oder einer Autobahn in der Ferne. Und mein Zelt. Mit mir drin. Vor vorbeikommenden Menschen mit bösen Absichten habe ich merkwürdigerweise überhaupt keine Angst. Viel mehr vor großen Tieren, die ich nicht einschätzen kann, die ich nicht kenne.
Aber ich glaube, wenn man Wild campt, dann sucht sich das Gehirn immer irgendetwas, vor dem man Angst haben kann. Selbst auf einer malerischen Alm voller vierblättriger Kleeblätter mitten im Allgäu würde man womöglich eine Wild gewordene Bergziege oder einen tollwütigen Fuchs fürchten. Erst in der Angst und in ihrer Überwindung liegt natürlich auch der Reiz.
Es ist schon spät, ich habe heute leider nicht mehr die Kraft, mehr zu schreiben. Schlaft gut! 
Tom