Freitag, 7. September 2012

TAG SECHSUNDZWANZIG: 101KM (GESAMT 2182KM), VON LÅNGSELE NACH JUNSELE


Ich bin verdammt müde. Mein Wecker hat heute früh nicht geklingelt und ich habe für alles so lang gebracht, dass ich erst kurz nach elf losfahren konnte. Es ging viel auf und ab und die Fahrt zog sich heute besonders. Darum musst ich bis kurz nach acht fahren. Einerseits, weil ich unbedingt wieder 100 Kilometer schaffen wollte, andererseits, um den Campingplatz zu erreichen, wo ich jetzt bin. Und ich bin der einzige! Keine Caravans, keine Leute in den kleinen Hütten, keine anderen Camper. Vorhin waren hier noch einige Leute, die auf die Teilnehmer an einem Orientierungslauf durch den dunklen Wald gewartet haben. Sie haben mir auch die Waschräume geöffnet. Jetzt sind auch sie weg. Jetzt bin ich allein hier. Gespenstisch, ein wenig. Aber ich freue mich schon auf die Dusche morgen früh! Und morgen stehe ich früh auf! Das habe ich mir vorgenommen! :)
Ich werde übrigens ab morgen oder übermorgen wieder der Route, die ich im Internet auf der Website der anderen beiden Nordkap-Reisenden gefunden habe, folgen. So spare ich im Gegensatz zur weiteren Benutzung des Sverigeleden 252 Kilometer. Und ich weiß genauer, durch welche Orte ich komme. Vom Sverigeleden habe ich nämlich nur ein A4-Blatt mit einer kompletten Schwedenkarte, die dementsprechend ungenau ist.
Aber macht euch keine Sorgen! Der Tag war zwar nicht der beste und es hat dauern geregnet, aber nur so lang, dass es wieder aufhörte, als ich alle Regensachen angezogen hatte, und mein Rad ist dauern umgekippt, da der Fahrradständer von der zu großen Last in den letzten Wochen ziemlich verbogen ist, aber ich fühle mich gut! Ich hatte einen leckeres Abendessen und einen Daim-Cappuccino und mein Schlafsack ist warm! Jetzt sin es noch ungefähr 1200 Kilometer und ich habe noch 21 Tage. Das ist schaffbar. Wenn es aber zu kalt wird — diese wird wirklich kälter, es ist wie im späten Herbst — werde ich nicht unsinnig weiterstrampeln. Aber ich will es natürlich ohne Bus-Etappe zwischendrin schaffen! :)  
Heute habe ich wieder einen Mann getroffen, der schon am Nordkap war. Er erzählte begeistert und ehrfürchtig davon. Davon, dass man wirklich am Ende der Welt sei. Ihre Krümmung sehe.
Mit diesem Bild im Kopf schlafe ich jetzt ein. 
Gute Nacht!
Tom

Donnerstag, 6. September 2012

TAG FÜNFUNDZWANZIG: 92,2KM (GESAMT 2081KM), VON BARSBACKEN NACH LÅNGSELE


Immer, wenn ich die Blogeinträge schreibe, gibt es nur das. Denn durch das Schauen auf das Display des iPhones — sogar, obwohl ich die Helligkeit auf das Minimum gestellt habe — wird alles andere ausgeblendet. Die gelben Wände des Innenzeltes, der schwarze Schlafsack, die grüne Wasserflasche, die gelbe Fahrradtasche — sie alle verschmelzen zu vollkommener Schwärze. Da ist nur die kleine Tastatur, meine tippenden Finger und — gerade — die Beatles, ganz leise aus dem iPhone schallend. So allein bin in gar nicht. 
Der Tag begann gut: komplett trockenes Zelt. Kein Kondenswasser. Herrlich! Schnelles Zusammenpacken. Müsli. “Der Alchimist” zu Ende gelesen. 
Dann wurde es schlechter: Enorm stärker Gegenwind, der mich trotz länger Hose und Fleece-Pullover frösteln ließ und voller Sonnenschein, der mich schwitzen ließ. Nachdem ich an der Stelle, an der ich genau 2000 Kilometer hinter mir hatte, kurz Pause machte und mir die Zähne putzte, eine Kekspackung in der Vorderradtasche entdeckte, einen Keks aß und schließlich ein weiteres mal Zähne putzte, wurde die Straße furchtbar. Baustelle. Kies. Steine, so groß wie Tischtennisbälle. Schrecklich, darauf Rad zu fahren. Nach einigen Kilometern eine abzweigende Straße. Zwei Schweden im Auto sagten mir, ich könne sie nehmen, sie führe zum gleichen Ort. Das tat ich also. Es war eine richtige Entscheidung. Immer noch kein Asphalt, aber feste Erde. Dann ein Wasserfall. Groß. Mit viel Touristentara: Büro, Infotafeln, Bank-Tisch-Gebilde aus Holz überall, ein Café. Und kein Mensch. Alles verlassen. Die Saison ist hier wirklich schon vorbei. Jetzt warten alle auf den Schnee, denke ich. Ich komme an immer mehr Wegen mit Markierungen für Schneemobile vorbei. (Heißen so diese Jetski-artigen Gefährte für Schnee?)
Dann wurde es gut. Ich schaffte schnell viel. Dabei hörte ich, da der erste von drei Teilen von “Die Tore der Welt” vorbei war, Tachaikowski. Ein toller Komponist. Das war in diesem Moment wirklich genau das Richtige. Es wird immer einsamer und wilder. Jetzt gibt es streckenweise wirklich über dreißig Kilometer kein Haus mehr. Nur die Straße, die Telefonleitung links und die Stromleitung rechts. Die Vorstellung, an Gesprächen, die gerade geführt wurden, vorbeizufahren, gefiel mir. 
Schließlich war ich vorhin einkaufen. Dafür habe ich einen Umweg von ungefähr zwölf Kilometern auf mich genommen. Dementsprechend habe ich auch beim Einkäufen etwas übertrieben und jetzt so viel essen, dass ich es niemals vor irgendeinem Tier verstecken können würde. Aber ich habe lieber zu viel, als — wie den halben Tag lang — fast nichts. 
Mein Abendbrot: Tagliatelle mit Pesto, Feldsalat und Parmesan. Dazu eine Dose Cola. Wunderbar!
Habe auch nur einmal den Kocher mit dem vollen Topf kochenden Wassers umgeschmissen.
Und nun: gute Nacht!
Bis morgen,
Tom

Mittwoch, 5. September 2012

TAG VIERUNDZWANZIG: 15,3KM (GESAMT 1988KM), VON TIMRÅ NACH BARSBACKEN


Heute, an diesem Abend, ist gerade alles so, wie es sein sollte. Ich bin rundum zufrieden mit meiner Lage. 
Mein Zelt steht an einem tollen Ort: Der Anfang eines Waldes, durch nicht mehr benutzte Waldwege in kleine Abschnitte geteilt. Die Straße 331, der ich nun folgen werde, führt einige Meter westlich und ein paar Meter näher am Meeresspiegel nach Norden. Autos fahren darauf entlang und ihre Lichter bleiben für einige Sekunden an der Fußseite meines Zeltes hängen. Der Wald hat hier einen Ebenen Boden, überwuchert mit Moos, sodass ich besonders weich liege. Zweimal sind Wildgänse vorbeigeflogen und haben ihr komisches Quäken hören lassen. 
Mir ist warm: ich liege in meinem neuen Schlafsack von Fjall Räven — einer schwedischen Firma. Außen ist er grau-schwarz. Abweisend. Für die bösartige Kälte. Innen ist er rot wie das Metall meines Kochers, kurz nachdem ich ihn ausgeschaltet habe. Mir ist so warm, dass ich den Schlafsack momentan sogar noch geöffnet habe.
Ich hatte wenig Aufwand bei der Essenszubereitung, alles war unkompliziert: denn ich habe eben jenen besagten Kocher heute mal nicht benutzt. Es ist immer sehr aufwändig, alle Kochutensilien aus den verschiedenen Taschen zu kramen, Wasser zu kochen, es abzugießen, abzuwaschen, die Töpfe weit weg vom Zelt aufzubewahren, alles wieder einzupacken. Also habe ich einfach nur Nutella-Brote gegessen. Und einen Apfel. Pink Lady. Das sind die besten Früchte, die es gibt. Meiner Meinung nach.
Ich konnte so richtig im Wald herumstapfen: ich habe mir nämlich auch wärmere Schuhe gekauft, da ich ja nur Birkenstock-Sandalen und vorrangig aus Stoff gemachte Adidas-Schuhe dabeihatte. Jetzt habe ich famose, neue, preislich reduzierte, lederne, feste, wasserdichte Meindl-Wanderschuhe! Sehr schön! Sie eignen sich nicht nur ausgezeichnet zum inbrünstigen Herumtrampeln im Wald — wofür ich sie gerade äußert begeistert einige Minuten genutzt habe —, sondern auch ausgesprochen gut zum Radfahren: da sie eine so feste Sohle haben, verteilt sich die Kraft viel besser und es ist merklich leichter, zu treten! Auch Fahrradschuhe zeichnen sich ja durch ihre besonders festen Sohlen aus. 
Es ist trocken: mein Zelt hat die ganze Nacht und den halben Tag im Vandrarhem an dem Doppelbett, das zusätzlich zu dem einzelnen Bett, in dem ich geschlafen habe, in meinem Zimmer im Vandrarhem gestanden hat, gehangen und ist nun rundum dehydriert. Herrlich! Auch der Wald ist an fast keiner Stelle feucht und bis jetzt hat es auch nicht geregnet.
Es ist alles übersichtlich: die zwei großen Hinterradtaschen stehen mit den Rack-Pack im Vorzelt — der “Apsis”. Die Linke Vorderradtasche, in der ich das meiste Essen aufbewahre, hängt mit einer Züge mit dem restlichen Essen und meiner Waschtasche an einem Baum. Leider nicht ganz in drei Metern Höhe und einen Meter vom Stamm entfernt, wie es gegen Bären empfohlen wird. Aber ehrlich gesagt: wie soll man das ohne langes Seil hinbekommen? Hier im Zelt bin nur ich, im Schlafsack, auf der Isomatte, hier ist meine rechte Vorderradtasche, die all den wichtigen Kleinkrams beherbergt, meine Kleidung von heute, die Hüllen von Schlafsack und Matte, das Handy, Pfefferspray, Taschenlampe, Kartentasche. Und eine Wasserflasche. Das klingt vielleicht nach viel, es ist aber enorm aufgeräumt. Das freut mich, weil ich dann morgen früh nicht so viel zu tun habe.
Natürlich kann ich auch die vergleichsweise eklatant niedrige Tageskilometerzahl nicht unerwähnt lassen: es liegt an meinen Einkäufen. Um kurz nach zehn fuhr ich mit dem Rad ins Stadtzentrum von Timrå, schloss es an und stieg in einen Bus, der mich in das Sundsvall vorgelagerte Industrie- und Shoppinggebiet bringen sollte. Das tat er. Zuerst klapperte ich drei riesige Sportausstatter ab. Sie hatten auch Schlafsäcke. Doch entweder nur für den Sommer oder nicht in meiner Größe. Ich war bereits ein wenig unruhig. Also habe ich kurz bei Toys ‘R us reingesehen. In stillem Gedenken an Früher.
Dann begab ich mich in ein großes Einkaufszentrum und bei Intersport wurde ich fündig. Drei Schlafsäcke standen zur Wahl. Um mich entscheiden zu können, verließ ich das Gebäude wieder und ging … zu Ikea. Schon am Anfang meiner Reise habe ich mir halbherzig vorgenommen, aus Ironie in Schweden in einem Ikea Kötbullar essen zu gehen. Es war wunderbar. Und ich bekam sogar den Ikea-Family-Rabatt. Dabei gehöre ich gar nicht zu denen. Leider gab es kein WLAN bei Ikea, also sprang Mama ein und informierte sich über die Schlafsäcke. Die Entscheidung war dann ziemlich schnell klar. Und jetzt lief ich drin, im Ergebnis. Nachdem ich noch gefühlte einhundertmal mein Glas gratis nachgefüllt hatte und ein tolles Möbelstück entdeckt hatte, ging ich zurück und kaufte den Schlafsack. Ungefähr um diese Zeit sollte ich laut meiner Abmachung mit dem Vandrarhembesitzer wieder da sein. Leider verzögerte meine Ankunft sich ein wenig. Um ein paar Stunden. Erst ‘kurz’ zu McDonalds, um ein neues Hörbuch herunterzuladen. Eine Stunde. Dann zum Bus. Warten. Fahren. Halbe Stunde. Station verpassen. Null Sekunden. Aber dummerweise mehrere Minuten Reationszeit. Aussteigen. Hilflos sein. Bushaltestelle in Gegenrichtung aufsuchen. Zwischendurch kurz einkaufen. Fünfzehn Minuten. Ungewisses Warten. Zehn Minuten. Bus. Rein. Geld. Fahrt. Fünf Minuten. Raus. Rad. Zurück. Nicht um 2, sondern um fünf wieder da. 
(Wer jetzt nachrechnet, dem sei gesagt: ich habe die Zeitangaben geschätzt.)
Um zum Schluss zu kommen: als ich um kurz nach sechs alles aufs Rad geladen hatte, konnte ich losfahren. In weniger als einer Stunde — denn gegen sieben versuche ich ja immer, einen Platz fürs Zelt gefunden zu haben — schafft man aber eben leider nicht viel.
Nun, das war’s für heute. Jetzt machen sich die vielen Gratis-Nachfüllungen bemerkbar. Großartig!
Gute Nacht!
Tom

Dienstag, 4. September 2012

TAG DREIUNDZWANZIG: 126KM (GESAMT 1973KM), VON ECKELSBO NACH TIMRÅ


Durch die dünne Wand links neben mir höre ich einen Mann schnarchen. Heute sind es also nicht die Geräusche imaginierter bedrohlicher Lebewesen vorm Zelt, mit denen sich meine Gedanken beschäftigen, sondern die Laute eines einzelnen, sehr realen Menschen. 
Ich bin in Timrå, kurz hinter der großen Stadt Sundsvall, in einem Vandrarhem. Und ich habe endlich wieder Geld- und Kreditkarte! Der Brief, dessen wegen (?)  ich nach Kristinehamn gekommen bin und der ja erst zwei Tage nach mir dort eintraf, ist jetzt hier. Vom Vandrarhem dort nach hier weitergeleitet. Also gehe ich morgen shoppen. ;) Ich brauche dringend einen wärmeren Schlafsack sowie wärmere Schuhe. Beides bekomme ich in den großen Läden außerhalb der Stadt,  die ich schon auf meiner Fahrt von Sundsvall hierher gesehen habe — samt meines ersten Ikeas in Schweden! Ich könnte ja Köttbullar essen gehen …:) Die schwedische Aussprache ist übrigens, finde ich, sehr interessant: So heißt es gesprochen eben nicht “Köttbullar”, sondern “Schöttbular”, nicht “Kyrka” (Kirche), sondern “Schyrscha”, nicht “Falköping”, sondern “Falschöping”. Und jetzt muss ich dringend schlafen. Entschuldigt bitte, dass der Eintrag nur so kurz ist – morgen kommt dafür ein umso längerer! So viel sei schon gesagt: Ich habe seit heute endlich so richtig und vollkommen das Gefûhl., in Schweden zu sein. Morgen überquere ich höchstwahrscheinlich die 2000-Kilometer-Marke! Ich freue mich schon auf die erste Nacht im neuen Schlafsack! Und jetzt: gute Nacht! Mir fallen beim Schreiben dauernd die Augen zu. 
Schlaft gut,

Montag, 3. September 2012

TAG ZWEIUNDZWANZIG: 80,7KM (GESAMT 1847KM), VON BOLLNÄS NACH ECKELSBO


Ich habe das Brot wiederentdeckt. Heute morgen ein ausgedehntes Frühstück, das ich aufgrund der extrem hohen Frequentierung meiner Nutella-Stullen durch Wespen dann in die Campingplatzküche verlagern musste.
Ironischerweise leisteten mir auch heute Abend einige Wespen Gesellschaft, bis ich feststellte, dass ich gerade dabei war, mein Zelt genau auf dem Eingang zu ihrem unterirdischen Nest aufzubauen. Also bin ich einige Meter umgezogen. Der Platz hier ist wirklich alles andere als ideal: es ist win kleines, feuchtes, momentan scheinbar unbewirtschaftetes Feld am Rand einer Straße. Schlauerweise habe ich mein Zelt auch noch genau auf einer dieser Traktorspuren aufgestellt, deren Rillen immer voll brackigem Wasser sind. Man kann mich von der Straße ziemlich gut sehen. Dunst kriecht über das Feld. Irgendwie bin ich todsicher, dass es morgen früh regnen wird! Aber ich freue mich schon ausgesprochen auf mein Müsli! Mittlerweile habe ich fast die ganze Palette der schwedischen Müslis ausprobieren können und bis jetzt ist ‘Tropical’ mein Favorit! In den letzten Tagen häufen sich die atemberaubenden Aussichten, muss ich sagen. Dass man die nicht so oft hat, liegt natürlich an dem ganzen Wald hier. Der versperrt unerbittlich die Sicht. Heute aber fuhr ich an der Westseite eines flachen Berges entlang, auf der fast keine Bäume wuchsen. Man hatte eine grandiose Sicht auf einen kilometerlangen See mit vielen kleine. Buchten auf der anderen Seite, umstanden vom dichten Dunkelgrün der Nadelwälder. Dahinter erhoben sich Berge in die Höhe, über deren Gipfel die Abendsonne in meine Richtung schien. Es sah aus wie in der Warsteiner-Werbung. Nur unendlich viel besser. Und ohne die Stimme. 
Ich habe auch das Gefühl, dass die Tage tatsächlich länger werden. Als ich heute um zwanzig nach fünf am morgen kurz aufwachte, schien bereits die Sonne. Und es war bis kurz vor neun noch richtig hell. Spannend!
Die ganze Zeit, während ich das schreibe, habe ich das Gefühl, Geräusche am Zelt und am Fahrrad, welches am Zelt angeschlossen ist, zu hören. Die meisten Geräusche macht man allerdings selbst. Zum Beispiel dachte ich gerade mehrere Minuten lang, das Knistern von Gras und Zweigen unter den Schritten eines kleinen Tieres neben meinem Zelt zu hören. In Wahrheit war es aber nur mein Schlafsack, de sich durch meine Atmung hob und senkte. 
Aber ursprünglich habe ich ja vom Brot geschrieben. Brot heute morgen. Mit Nutella-Imitat. Brot heute Mittag. Mit Margarine und Pfeffer und Salz. Brot heute Abend mit Schinken, Pfeffer und einer Maggi-Pilzsuppe. Ich höre gerade das Hörspiel von “Die Tore der Welt” von Ken Folett. Da wird auch nur so rustikal gegessen. Beim Fähren ist mir so das Wasser im Mund zusammengelaufen, dass ich meinen Einkauf heute Nachmittag direkt angepasst habe. 
Das Tropical-Müsli passt natürlich nicht ins vierzehnte Jahrhundert. Ich freue mich trotzdem darauf!
Ich wünsche euch eine gute, bärenfreie Nacht! Achtung! Bären lieben, wie ich jetzt weiß, Zahnpasta! :)
Schlaft gut.
Tom

Sonntag, 2. September 2012

TAG EINUNDZWANZIG: 118KM (GESAMT 1766KM), VON LÅNGFÄBODARNA NACH BOLLNÄS


Was für ein toller Tag! Und er begann mit Regen. Sich noch im Zelt die Regenjacke anziehen zu müssen, in der Gewissheit, dass man gleich alles in Nässe zusammenpacken muss, ist kein guter Start in den Tag. Und es regnete. Keine richtigen Tropfen, eine Art Sprühnebel. Mit Mülltüten um die Handschuhe fuhr ich dahin. Als ich im ersten Ort angekommen war, hatte ich schon 30 Kilometer geschafft. Das motivierte mich. Dreißig ist immerhin fast ein Drittel dessen, was ich am Tag schaffen will. Dann wurde es sonnig. Angenehm warm. Ich konnte die ganzen lästigen Regensachen ausziehen und nur mit kurzer Hose und T-Shirt fahren. Und dann wurde die Strecke atemberaubend und einfach großartig. Die Wälder wurden immer lichter, niedriger und heller. Die Straße führte auf einer Art hohem Damm durch die Landschaft. Wegen der wenigen Bäume konnte ich weit sehen, niemand anderes war da. Man sah keine anderen Straßen, keine Siedlungen, kein einziges einzelnes Haus. Nur die Bäume, Breite Stromleitungen, ferne Berge, einen See zwischen Grün und den weiten, großen Himmel. Voll von verschiedensten Wolken. Die Straße ging leicht abwärts, ich hörte gute Musik und es war der beste Moment meiner bisherigen Reise. Ein wirklich, wirklich glücklicher Tag! Als ich die 50 Kilometer, die die beiden Orte voneinander trennten, zurückgelegt hatte, hatte ich gar nicht das Gefühl, sehr lange oder sehr weit gefahren zu sein. Denn ich hatte mich beim Fahren nicht auf das Fahren selbst konzentriert. Ich bin heute zu zwei Schlüssen gekommen, die für so eine Radtour zu gelten scheinen, aber womöglich auch eine allgemein gültige Natur haben:
1. Man darf nicht zu viel nach vorn sehen. Man verpasst dann, was es an den Seiten zu sehen gibt und konzentriert sich nur auf das, was man noch schaffen will, aber nicht auf das, was man gerade tut.
2. Wenn man einen Berg hinunterfährt, schnell wird, Spaß hat, es genießt, darf man auf keinen Fall daran denken, dass auf das Hinunterfahren die Auffahrt auf den nächsten Berg folgt. Sonst hat man schon verloren. Dann geht einem schon im Hinabrollen die Kraft verloren, die man gleich brauchen wird. 
Ich bin unsagbar müde und zufrieden. Es ist halb zwei nachts. Es gibt hier auf dem Zeltplatz WLAN. Das hat mich aufgehalten. Gute Nacht
Oder auch guten Morgen!
Tom 

Samstag, 1. September 2012

TAG ZWANZIG: 101,7KM (GESAMT 1648KM), VON HALVARSGÅRDANA NACH LÅNGFÄBODARNA


Wer geht gern nachts durch den dunklen Wald? Wo der Mond scheint und es ist furchtbar kalt? Und mit der Aussicht, dort noch einige Stunden zu verbringen? Unter Sternen und wahrscheinlich zwischen allen möglichen Raubtieren? 
Das bin dann wohl ich. Gerade. Das ist wirklich ein gespenstischer Ort. Ein einsamer Wald, eine T-Kreuzung aus breiten Schotterwegen, klarer Himmel, heller Mondschein, runder weißer Kreis auf Blau, das Rauschen eines Flusses oder einer Autobahn in der Ferne. Und mein Zelt. Mit mir drin. Vor vorbeikommenden Menschen mit bösen Absichten habe ich merkwürdigerweise überhaupt keine Angst. Viel mehr vor großen Tieren, die ich nicht einschätzen kann, die ich nicht kenne.
Aber ich glaube, wenn man Wild campt, dann sucht sich das Gehirn immer irgendetwas, vor dem man Angst haben kann. Selbst auf einer malerischen Alm voller vierblättriger Kleeblätter mitten im Allgäu würde man womöglich eine Wild gewordene Bergziege oder einen tollwütigen Fuchs fürchten. Erst in der Angst und in ihrer Überwindung liegt natürlich auch der Reiz.
Es ist schon spät, ich habe heute leider nicht mehr die Kraft, mehr zu schreiben. Schlaft gut! 
Tom

Freitag, 31. August 2012

TAG NEUNZEHN: 102,1KM (GESAMT 1546), VON RAMSBERG NACH HALVARSGÅRDARNA

Mücken! Regen! In der Tasche ausgelaufene Milch! Mehrere Kilometer Kiesstrecke wegen Baustelle! Kein Müsli fürs Frühstück! … Zufriedenheit! Ich bin sehr froh, dass ich heute wieder 100 Kilometer geschafft habe. Und das, obwohl ich so lange für mein tolles Frühstück und das Einpacken gebraucht habe, dass ich erst um halb zwölf losfahren konnte. Und: der Brief mit meinen Geldkarten ist in dem Vandrarhem in Kristinehamn angekommen! Der Betreiber ruft mich gleich noch einmal an und dann klären wir, wohin er den Brief weiterschickt. Habe schon eine Idee. :) Ich dachte mir, ich schreibe heute mal über die ganzen kleinen Probleme, die ich jeden Tag wieder bewältigen muss. Die kleinen Unangenehmigkeiten. Zum Beispiel ist mein Zeltboden abends immer nass. Das liegt daran, dass sich über Nacht Kondenswasser an den Innenwänden des Außenzeltes bildet, das morgens nicht trocknet. Wenn ich das Zelt verpacke, läuft es dann durch die Schichten und bleibt am Boden. Also muss ich abends immer mit einem Handtuch alles abtrocknen. Das ist dann ungünstigerweise auch nass. Oder Folgendes: Manchmal, wenn ich von einem sehr niedrigen Gang auf das zweite große Zahnkranzblatt wechseln will, verkantet sich die Kette ganz komisch. Dann muss ich mehrmals runter- und hochschalten, bis es wieder geht. Oder meine Kleidung: Morgens ziehe ich mich warm an, dann ist mit immer am kältesten. Beim Fahren wird mir zu warm, also ziehe ich eine Pullover oder so aus. Durch den Fahrtwind ist das dann doch zu frisch, also etwas anderes an. Wenn ich dann Pause mache und der Wind mich nicht mehr ventiliert und kühlt, ist mir zu warm. Also wieder Sachen aus. Und wenn es dann noch regnet und Mann Regensachen in dieses komplexe An- und Ausziehen einzubauen hat, ist sowieso alles vorbei. Es ist außerdem generell extrem aufwendig, an die Kleidung heranzukommen. Denn ich habe sie in der linken hinteren großen Radtasche. Der Zugang zu dieser wird aber durch das Rack-Pack, die drei Spanngurte, darauf lagernde Wasserflaschen und Fahrradschlösser und die Zeltungerlage versperrt. Und – womöglich – Wäsche, die auf den hinteren Taschen trocknen soll. Und durch das Duschbad. Das Duschbad ist sowieso eine ganz eigene Sache. Es ist noch aus Dänemark. Die Flasche ist kaputt, sodass ich sie auf ganz besondere Weise – den Deckel gen Himmel – An meinen Taschen befestigen muss. Schon mehrmals ist es verrutscht und hat sich auf einer Tasche verteilt. Aber genug von den nervenden Kleinigkeiten. Wäre alles perfekt, wäre diese Reise langweilig. Ich habe eben mit dem Mann aus Kristinehamn telefoniert, er schickt den Brief morgen los. Ich höre einen Bach murmeln, er fliesst nur wenige Meter entfernt und trennt zwei Felder voneinander. Auf einem von ihnen, dem südlichen, steht mein Zelt.  Vorhin, als ich beim Zähneputzen in die dunkle Ferne der hier ziemlich freien Landschaft, in der die Sicht nicht durch Bäume versperrt wird, gesehen habe, blitze es zwischen den Bäumen. Dann wieder, weiter links. Immer wieder. Ein Zug fuhr durch den Wald. Es waren anscheinend kleine Entladungen zwischen den Oberleitungen und dem Zug selbst. Aber so hell, dass sie für einen Sekundenbruchteil den gesamten Himmel erhellten. Ich freue mich schon, morgen früh irgendwo einkaufen zu gehen! Ich habe überhaupt nichts mehr und heute den ganzen Tag keine Kaufhalle gesehen. Morgen komme ich aber in einen größeren Ort. Müsli! Milch! Kekse! Obst! Traubenzucker! Sowas steht auf der Einlaufsliste. Die es nicht gibt. Ich wünsche Euch eine gute Nacht und ebenfalls einen murmelnden Bach — auch, wenn nur phantasiert! Schlaft gut. Tom

Donnerstag, 30. August 2012

TAG ACHTZEHN: 87, 8KM (GESAMT 1444KM), VON GRANBERGSDAL NACH RAMSBERG


Es gibt so vieles, über das ich gern schreiben möchte. Den ganzen Tag über Fällen mit Dinge ein, die ich abends im Blogeintrag erwähnen will.
Ich versuche, alles kurz zu umreißen:
Überall Nässe. Der ganze Nachmittag voller Regen. Nebel in den Tälern. Ich hatte das Gefühl, mich am Fuße eines riesigen Gebirges zu bewegen, denn die Wolken, die ich vor mir sah, sahen aus wie die nicht enden wollenden Flanken dunkelgrauer Berge.
Ein wenig Verärgerung und Scham, dass ich noch in den letzten Blogeinträgen davon schrieb, jeden Tag 100 Kilometer zu fahren, und es heute wieder nicht geschafft habe. Das lag natürlich an dem Regen und daran, dass ich dringend auf einen Campingplatz musste, um meine Sachen zu trocknen. Der nächste war noch knapp 30 Kilometer entfernt. Das hätte ich nicht geschafft.
Freude und Stolz. Ich war im Touristeninformationsbüro in Nora, wo ich mich nach dem Sverigeleden erkundigte. Sie hatten sogar zwei der sechs Kartenbücher darüber da und ich konnte den Wegverlauf bis Sundsvall in meinen Straßenatlas kopieren. (Man konnte die Bücher nicht kaufen.) ich unterhielt mich mit den Leuten dort und sie fanden meine Reise so toll, dass sie erst die Adresse dieses Blogs und schließlich auch ein Foto von mir für ihre Facebook-Seite haben wollten. (Also, wenn Ihr aus dem Touristenbüro das lest: Danke! Ihr habt mich sehr ermutigt!)
Staunen über die riesigen Kröten, die bei Regen bis auf den Straßen sitzen.
Vorfreude auf mein Frühstück morgen: ich mache mir endlich mal nicht nur Müsli, sondern Rührei mit Schinken! 
Das angenehme Gefühl, nach einem langen Tag im Schlafsack auf meiner Daunenluftmatratze zu liegen, die Decke, die ich für kalte Nächte als Sicherheit dabei habe, im Nacken, den Regen auf mein Zelt fallen zu hören und diesen Text zu schreiben. 
Das Gefühl, das richtige Zelt zu haben, als ich im Sverigeledenbuch die Vorläuferversion meines Zeltes auf einem Foto vor einem kleinen schwedischen Dorf stehen sehen habe.
Nachdenken über die raffinierten Verkaufsstrategien, die sowohl in Dänemark als auch hier benutzt werden: Käufe drei Packungen Chips und bezahle nicht 75, sondern nur 55 Kronen! Überall wird der Kauf von größeren Mengen mit niedrigeren Preisen belohnt. In der Form ist das in Deutschland noch nicht angekommen, oder?
Befürchtungen. Die Schweden hier auf dem Campingplatz haben mit erzählt, dass im Norden schon richtig Herbst ist und es sehr kalt dort ist … In Kautokeino oder spätestens in Karesuando an der finnischen Grenze werde ich wohl entscheiden müssen, ob ich die letzten 500km schaffe, oder nicht. Sonst nehme ich einen Bus. Irgendwie. Aber natürlich will ich es schaffen, nur mit dem Rad!
Erleichterung. Wenn sich die große Regenfront, die sich im Moment über uns befindet, verzogen hat, so erzählten mir meine Nachbarn auf dem Campingplatz (es sind auch fast die einzigen anderen Gäste), sollen es hier um die 20 Grad werden!
Ruhe und Frieden. Als für ein paar Minuten der Regen aussetzte, ging ich vorhin auf den Steg, der vom Badestrand des Campingplatzes in die diesige Luft über dem See hier führte. Es war still. Der See lag da, groß und dunkel. An den Rändern Bäume und Nebel. Kein einziger Mensch. 
Müdigkeit. Ich schlafe nun!:)
Habt gute Träume und bis morgen! 
Tom 

Mittwoch, 29. August 2012

TAG SIEBZEHN: 45,6KM (GESAMT 1356KM), VON KRISTINEHAMN NACH GRANBERGSDAL


“No, I don’t want any tent here”, sagte mir den Mann in T-Shirt und Unterhose in seiner Haustür stehend und schloss sie wieder. Es war nach acht und ich verzweifelt. Ich konnte einfach keinen einzigen Ort für mein Zelt finden! Es ist hier so feucht, neben den Straßen überall Gräben mit schmalen Rinnsalen, die Wälder sind so dicht und voller Unterholz und die meisten Felder viel zu einsehbar, als dass man in einer ihrer Ecken zelten könnte. Die meisten. Dieses hier nicht ganz. Es spannt sich eine Stromleitung über das Feld und so gibt es daneben einen kleinen Bereich, in dem das Unkraut gekürzt wurde, um … Keine Ahnung. Dem Strom nicht im Weg zu sein. Heute war wohl der Abend der sonderbaren Geräusche:
1. Ein Heulen tief im Wald vor ungefähr zwei Stunden. Nicht wie ein Hund, aber auch nicht wie Wolfsgeheul, das man aus Filmen kennt. (Übrigens scheint heute Vollmond zu sein. Oder Fast-Vollmond …)
2. Erneut die wiederkehrende Klangfolge, die ich schon vor ein paar Tagen vor Ulricehamn gehört habe. Man hört sie über weiter Entfernungen. Dumdidelum. Dumdidelum. Dum-Du-Dum-Du-Dum. 
3. Das Geräusch, das ungefähr 80 Bullen machen, nachdem sie aus mir unerfindlichen Gründen im Kollektiv von einer Seite zur anderen über ihre riesige Weide geprescht sind. Wild die Köpfe schüttelnd und austretend. Gruseliges, geisterhaftes Blöken.
4. Ein Schuss, der vor wenigen Minuten durch die Nacht krachte.
Ich habe heute leider nur vergleichsweise wenige Kilometer hinter mich gebracht, da ich bis 16 Uhr in Kristinehamn war. Denn Vormittag über habe ich am Laptop verbracht (das Internet ging wieder!) und habe vor allem darauf gewartet, dass der Download meines neuen Reisehörbuchs — Frank Schätzings “Lautlos” — fertiggestellt war. Dann bin ich in die Stadt gefahren, um erneut Geld von zu Hause über das schon erklärte WestwrnUnion-System zu erhalten. Nach einigen Hin und Her hat es irgendwann geklappt. Nächste Stationen: Teebaumöl für meinen Fuß kaufen, Obst, Müsli, Milch und Kekse kaufen. Eine wärmere Hose kaufen. Nach einem wärmeren Schlafsack sehen. Vergessen, Handschuhe zu kaufen. Orientieren. Losfahren. Ich versuche einfach, die 25 Kilometer, die mit gestern gefehlt haben, und die 55, die heute fehlen, in den nächsten Tagen wieder aufzuholen. Wenn ich nicht richtig schnell sein sollte, werde ich es übrigens leider nicht mehr schaffen, im finnischen Weihnachtsmanndorf am Polarkreis vorbeizufahren. Leider liegt Rovaniemi abseits meiner Route. 
Morgen früh fahre ich nach Nora, wo ich wieder auf den Sverigeleden stoße, dem ich in den nächsten Tagen nach Sundsvall an der Ostsee folge!:) Natürlich ist das ein Umweg, aber ich fahre lieber auf dem Radweg, als auf irgendwelchen Straßen.
Also. Ich wollte gerade davon schreiben, dass sich die komischen Geräusche verflüchtigt haben und nun hat neben mir ein merkwürdiges Scharren und Kratzen begonnen. Von einem sehr kleinen Tier. Geräusche sind so schwer einzuschätzen. Vielleicht ist es etwas im Gras und vielleicht ist es auch etwas zwischen den beiden Zeltwänden, ein Insekt. Also, gute Nacht!:) Es bleibt spannend.
Tom

Dienstag, 28. August 2012

TAG SECHSZEHN: 75KM (GESAMT 1311KM), VON FINNERÖDJA NACH KRISTINEHAMN


Toll. Jetzt hatte ich mich so auf einen Abend mit Internet gefreut und es vorhin sogar schon benutzt und prompt, als ich mich mit der Pizza und dem Laptop in den Aufenthaltsraum des Vandrarhems setze, geht es nicht mehr. Dabei wollte ich im Blog ein wenig aufräumen, diesen Eintrag mit einer richtigen Tastatur schreiben, Hörbücher herunterladen, Emails beantworten, einfach Dinge tun, die ich sonst nicht kann. Vielleicht geht es morgen früh beim Frühstück ja wieder!
Ich bin ja vor allem hier, da meine neuen Kreditkarten hier mit der Post ankommen. Leider sind sie noch nicht da. Nach enorm langem Hin und her zwischen mir und dem Herbergsleiter, der nur wenig Englisch spricht und versteht, hat sich jedoch eine gute Möglichkeit ergeben: er ruft morgen früh in der Post an, fragt, ob der Brief da ist. Dann, um 9, Rufe ich ihn an, um dieselbe Information zu bekommen. Ist der Brief da: gut. Ist er nicht da setze ich meine Reise fort und er schickt ihn mit “hinterher” an ein anderes Vandrarhem. Wir haben so lange gesprochen, dass er mir sogar ein Frühstück vor morgen gemacht hat, das jetzt hier im Kühlschrank auf mich wartet und das gerade mal 20 Kronen, also 2,50€ kostet und wirklich gut aussieht! Ich habe heute den Vänernsee gesehen und er ist wirklich so riesig, dass man das andere Ufer nicht sehen kann und er sich über den halben Horizont erstreckt. Die Berge machen mich ganz schön fertig. Es geht dauernd auf und ab und das Ab ist nie lang genug, damit das Auf danach kein Problem wäre. Aber da muss ich durch!:) Als ich mir heute die Schwedenkarte angesehen hab, habe ich bemerkt, das das Stück, das bereits geschafft ist, im Verhältnis gar nicht so klein ist. Jetzt ist noch genau ein Monat Zeit, bis mein Schiff fährt. Und noch ungefähr 2200 Kilometer liegen vor mir. Wenn ich dabei bleibe und versuche, jeden Tag über 100 Kilometer zu fahren, dann klappt’s also. Man lernt auf einer solchen Reise wirklich zu schätzen, was man sonst immer hat: Zum Beispiel das Privileg eines eigenen Raumes, den man nur für sich so gestalten kann, wie man will. Das ist ziemlich cool, wenn man darüber nachdenkt. Mit einem Zelt geht das nicht. Ich kann keine Nägel in die Wand hämmern und Bilder aufhängen. :)
Heute morgen habe ich mein Buch — Fahrenheit 451 — zu Ende gelesen und nun lese in “Der Alchemist” von Paulo Coelho.  Ich Wünsche Euch eine gute Nacht und hoffe, dass ich morgen früh auf einige der Kommentare, über die ich mich so freue, antworten kann! Schlaft gut!
Tom

Montag, 27. August 2012

TAG FÜNFZEHN: 101,6KM (GESAMT 1236KM), VON BERG NACH FINNERÖDJA


Ich muss mich heute kurz halten — mein Akku ist bald alle. Wunderschönes Wetter heute: Sonne, klarer Himmel. Es wird allerdings spürbar kälter, sodass ich auch in der Sonne eine Fleecejacke brauche. Das obligatorische Baden in einem See zwecks Selbstreinigung wurde heute erledigt. Das Wasser hier ist ungewöhnlich rostrot. Es hat sehr gut getan — belebend! Ich war in einer kleinen Kirche, menschenleer und ein Flügel stand darin, mit einem großen Lederbezug abgedeckt. Mir fehlt das Klavierspielen sehr und ich halte permanent Ausschau nach Musikgeschäften. Ich habe die Abdeckung zurückgeschlagen, kurz den Deckel angehoben und vielleicht sechs leise Akkorde gespielt. Dann habe ich ihn schnell wieder geschlossen und mich entfernt. Auch das hat gut getan. Auch das Hoffen und Erwarten der Möglichkeit, zu spielen, ist ein spannendes Gefühl! Kurz eingekauft. Ein deutsches Paar getroffen. Gespräch mit dem Mann: “Wohin willst du denn noch?” “Zum Nordkap.” “Geil!” Er ist selbst schon dort gewesen — mit DREIZEHN, als Pfadfinder! Sie sind mit einem Hurtigrutenschiff hingefahren (ich nehme ja eines zurück) und haben an Deck GEZELTET! Wow! :)
Ich esse jeden Tag einen Apfel und eine Banane, fast jeden eine Kiwi. Morgens esse ich immer viel Müsli (eine halbe 500-Gramm-Packung pro Tag), den Tag über Brot mit Marmelade, das Obst und viele Kekse! (gestern habe ich, ohne es zu merken, während der Fahrt eine ganze 600-Gramm-Packung Haferkekse verspeist… Allerdings brauchte ich dann auch kein Abendbrot. Das sind sonst meistens Nudeln mit Sauce oder Pesto oder Reis. Vielleicht gönne ich mir in den nächsten Tagen eine Pizza — die gibt es hier überall!)
Also, die Nacht und die letzten Seiten von Fahrenheit 451 rufen!:) das Pfefferspray lag übrigens in Zelteingang.
Schlaft später gut, ihr die Ihr mit Elektrizität beschenkt seid! ;)
Tom

Sonntag, 26. August 2012

TAG VIERZEHN: 108,2KM (GESAMT 1135KM), VON ULRICEHAMN NACH BERG


Ich finde mein Pfefferspray nicht. Also bin ich in dieser Nacht etwas unruhiger, als ich es sowieso schon bin. Die letzten acht Kilometer habe ich im goldenen Sonnenuntergangslicht nach einem Schlafplatz gesucht, konnte aber keinen finden, da in dieser Region annähernd jedes Stück Land entweder Naturschutzgebiet, Weide, Acker oder mit Häusern bebaut ist. Jetzt habe ich mein Zelt hinter einer Baumreihe am Straßenrand aufgebaut, auf einem Feld, das scheinbar nicht genutzt wird. Hier ist nur hohes Gras. Ich habe vorhin einen See zu meiner linken gehabt und er war riesig! Und morgen oder übermorgen werde ich den Vänernsee sehen — der ist bestimmt hundertmal größer! Ich stelle mir das fast wie ein Meer vor. Heute habe ich eine wichtige Entscheidung getroffen. Ich benutzte weiter den Radweg, von dem ich bereits gestern berichtet habe. Den Västgötaleden. Dann traf ich auf eine Stelle, an der ein anderer Radweg, der Sverigeleden, ihn kreuzte. Ich überlegte. Sah in meine Karten. Überlegte. Zählte Kilometerangaben zusammen. Und entschied! Ab jetzt fahre ich auf dem Schwedenradweg, von hier erst einmal nach Kristinehamn, von dort ein kurzes Stück über normale Straßen nach Nora und ab dort wieder auf dem Radweg nach Norden. 1700 Kilometer bis zur Norwegischen Grenze. Dann noch ungefähr 500.
Ich traf heute nach dem Einkaufen auf einen Mann: er sagte, es sei so kalt am Nordkap und der Weg durch die Wälder Nordschwdedens so eintönig.
Dann traf ich im Touristeninformationsbüro auf eine Frau, die — wie auch der Mann — schon am Nordkap war. Als sie mir von der wunderschönen Landschaft, den weißen Rentieren, die es nur dort gibt, und der Mitternachtssonne erzählte, standen ihr die Tränen in den Augen. Jeder müsse in seinem Leben wenigstens einmal dort gewesen sein, meinte sie. Ich wusste wieder, dass das, was ich tue, richtig ist. Und dass mein Ziel die Anstrengung Wert ist.
Heute habe ich beim Fahren (da ich ja auf dem fast unbefahrenen Radweg unterwegs war) erst Musik und schließlich ein Hörspiel gehört. Das hat sehr gut getan. Man denkt so gar nicht mehr an die Länge Strecke, die noch vor einem liegt. Man fährt einfach, genießt die Landschaft und hört zu. Vielleicht schaffe ich es ja, in Kristinehamn an ein WLAN-Netz zu kommen und mehr Hörbücher herunterzuladen.
Gute Nacht! Tom

Samstag, 25. August 2012

TAG DREIZEHN: 103,9KM (GESAMT 1027), VON HYLTEBRUK NACH ULRICEHAMN


Plop. Plop. Plop. Regentropfen fallen auf mein Zelt. Ich bin schon ziemlich früh im Bett, denn genau als ich ankam, begann der Regen. Ich kann also leider nicht mehr draußen sitzen und lesen. Ich befinde mich zwischen zwei Straßen: links von mir ein Radweg, ein echter Radweg! Ich bin ihm am Ende des Tages für ein paar Kilometer gefolgt, es war sehr angenehm, da sich auf einem Radweg mehr am Straßenverlauf und an der Aussicht ändert, als auf einer der Provinzstraßen, die ich die ersten 80 Kilometer gefahren bin. Hoffentlich kann ich ihm noch eine Weile folgen. Rechts ist eine dieser Straßen, sie führt direkt am Ufer eines großen, schönen Sees entlang. Unglücklicherweise sieht man mich von beiden Wegen. Allerdings ist um diese Uhrzeit (20:52) hier nicht mehr viel los. Sogar die ominöse Melodie, die immer wieder gleich alle paar Minuten über den See hallte, ist nicht mehr zu hören.
Das Beste an diesem Tag: Ich habe nun bereits über 1000 Kilometer zurückgelegt!!! Ein Drittel der Strecke ist somit — ungefähr — gemeistert. Ich hab das mit zwei leckeren Gebäcken, Tortilla Chips, einem — wie sich beim Trinken herausstellte — alkoholfreien Bier und mit einem Werthers  Original gefeiert. Denn wie sollte man sich auf so einer Reise belohnen, wenn nicht mit Essen?
Das Schlimmste an diesem Tag: ich goß mir meine Milch in die Tasse, die voll mit Müsli war. Und sie war schlecht. Dickflüssig, klumpig. (Mir wurde in diesem Moment auch klar, weshalb der Tee mit Milch am Abend, den ich im Halbdunkel getrunken hatte, so merkwürdig geschmeckt hatt.) ich bekam dann allerdings an der Rezeption des Campingplatzes Milch. Die alte warf ich weg. Heute Mittag ging ich also in Tranemo in eine Kaufhalle, um neue Milch für morgen früh zu kaufen. Das tat ich. Achtete mit besonderer Aufmerksamkeit auf das Verfallsdatum. Verließ die Kaufhalle. Genehmigte mir einen Schluck. Und sie war schlecht. Das konnte nicht wahr sein! Ganz normale Milch! ‘Filmjölk’ stand darauf! ‘Mjölk’ heißt natürlich ‘Milch’. ‘Fil’, dachte ich mir, bestimmt ‘voll’. Ich fand nun aber mit dem Internet (trotz der hohen Kosten benutzt ich es, ich musste es wissen!) heraus, was bestimmt einige, die das hier lesen, schon wissen: ‘Filmjölk’ ist eine angeblich ganz besonders tolle, erfrischende, sämige skandinavische Spezialität! Mmh! Naja. Ich habe sie noch. Sie liegt neben der ‘Mjölk’ im Zelteingang.
Gute Nacht und bis morgen!:)

Freitag, 24. August 2012

TAG ZWÖLF: 87,7KM (GESAMT 923KM), VON GÄLLAREBÖKE NACH HYLTEBRUK


Ihr würdet mir nie glauben, wie glücklich ich in diesem Moment bin, obwohl ich heute mein Portemonnaie verloren habe! Es lief so ab: Als ich heute Mittag in meiner vorderen rechten Radtasche, in der ich die meisten Wertsachen transportiere, kramte und nach meinem Portemonnaie suchte, war es nicht da. In durchsuchte die linke Tasche, in der ich Essen und Verbandszeug und Medikamente habe. Nichts. Also lud ich das Rack-Pack vom Hinterradgepackträger (das ist eine Tasche von Ortlieb, die man mit den normalen großen Hinterradtaschen verbinden kann, ich bewahre darin das Zelt, die Isomatte und eine Dünne Fleecedecke auf) ab und sah in den anderen Taschen nach. Rechts habe ich die Daunenjacke, meine beiden Fleecejacken, den Schlafsack und Schal und Mütze. Es ist irgendwie die Wärmetasche. Hinzu kommt noch das Netbook und das Teil von Ortlieb, mit dem man eine Radtasche als Rucksack tragen kann. Auch hier: nichts. Also sah ich links nach. Hier habe ich die beiden Kartuschen — eine ist bereits fast leer —, die Töpfe, in denen sich der Kocheraufsatz, das Taschenmesser und ein paar Kerzen befinden, meine Kleidung, den Windschutz für den Kocher und mein Regenzeug. Nichts. Ich durchsuchte alle Taschen, auch die der Hose und der Jacke, die ich trage, packte sogar das Zelt aus und stülpte es um. Absolut nichts. Verzweiflung breitete sich in mir aus, ich war aber noch gefasst. Als ich zu Hause anrief, um Hilfe und Rat zu bekommen, fiel es mir schwer, das Problem (also: ich habe keine einzige Krone Bargeld, keine Kreditkarte, keine Geld- oder Krankenkassenkarte mehr und mein Handy hat nur noch 14% Akku) auszusprechen. Wir entschieden, dass der erste Schritt sei, zu einer Polizeistation zu fahren. Ich fragte im Supermarkt. Hyltebruk. Diese Richtung. Zweieinhalb Meilen. Es waren einundzwanzig Kilometer. Ich fuhr. Verzweifelt. Unmotiviert. Ich dachte darüber, wie man das Problem lösen könnte. Und da waren so viele Berge! Ich war gequält. Konnte mir kein bisschen vorstellen, noch so viele hundert Kilometer in den nächsten Tagen zu fahren. Ich strampelte. Meine Beine schmerzten. Ich hatte kein Portemonnaie. In Hyltebruk hatte die Polizeiwache seit zwei Stunden geschlossen und würde erst am Montag wieder öffnen. Ich rief die Nummer an der Tür an, denn ich wollte das Portemonnaie ja als verloren melden. Nummer nicht vergeben. Mit Vorwahl. Auch nichts. Zu Hause angerufen. Richtige Nummer herausgefunden. Ausprobiert. Stockholm ging ran. Verbinden mich. Jemand anderes. Verbindet mich weiter. Tuten. Anruf beendet. Neuer Versuch. Stockholm. Weitergeleitet. Eine Frau, die wissen wollte, wann ich es verloren hatte. Tuten. Anruf beendet. Es ging einige Male hin und her. Ich hatte Angst. Der Akku war bei 8%. Zwischendurch rief ich mehrmals zu Hause an. Wir entschieden, dass ich versuchen würde, eine Unterkunft im Ort zu finden, um das Handy aufzuladen. Und, dass Mama mir die Kreditkarten, die ich für ihr Konto habe, zuschicken würde. Ich war immer noch verzweifelt und am Boden. Die Augen verquollen betrat ich einen Elektronikladen. Alles orange. Eine weißhaarige ältere Frau und ihr Sohn in orangenen T-Shirts hinter der Theke. Lächeln. Ich erkundigte mich nach Unterkünften. Lang und breit berichteten sie von dem Hotel, dem Wandererheim und dem Zeltplatz und wie genau man diese Orte erreichen konnte. Danach schilderte ich ihnen mein Problem und sagte, dass ich nicht wirklich wisse, wie ich bezahlen sollte. Überweisung von zu Hause? Und dann berichteten sie mir vom Türkei-Aufenthalt des Sohnes vor einigen Jahren. Die Kteditkarte ging kaputt. Aber die Mutter konnte im mithilfe eines bestimmten intenationalen Netzwerkes, das ‘Union’ im Namen trug, Geld ins Ausland transferieren. Das sei ganz einfach und gleich nebenan im Lottogeschäft möglich. Als ich noch erklärte, dass ich mein Handy aufladen müsse, kam die alte Frau sogar mit mir, erklärte der anderen Frau im Lottogeschäft mein Problem auf schwedisch und schließlich saß ich da, neben einem Handy an einer Steckdose. Die Frau in dem Laden schenkte mir eine Cola. Jetzt, ein paar Stunden später, habe ich wieder Bargeld, es hat problemlos geklappt! Meinen Reisepass habe ich auch, der war an anderer Stelle verstaut. Meine technischen Geräte sind geladen, ich war mit dem neuen, frischen Geld einkaufen und liege jetzt auf dem besagten Zeltplatz, direkt an einem See. Es ist schwer zu sagen, warum ich mich so gut fühle; aber das Gefühl, aus so viel Sorge und Verzweiflung aufzutauchen, es überwunden zu haben, eine Cola spendiert bekommen zu haben, ist einfach großartig! Man fühlt sich so warm, wenn Leute für einen da sind, die man nie zuvor gesehen hat. Manchmal scheint man wirklich ein Tief zu brauchen, um ein Hoch empfinden zu können. In vier Tagen bin ich hoffentlich in Kristinehamm an der Nordspitze des Vänernsees in der Jugendherberge, um den brief mitbeten neuen Karten entgegenzunehmen. Morgen früh möchte ich im See baden und früh aufstehen. Energie ist wieder da. Schlaft gut! Tom

Donnerstag, 23. August 2012

TAG ELF: 102,2KM (GESAMT 836KM), VON TROLLEHOLM NACH GÄLLAREBÖKE


Überall sieht man Elche auf Schildern. Einen echten habe ich noch nicht erblickt. Sie sollen ja oft auf den Straßen stehen, da sie keine Angst vor Autos haben. Ich hoffe, dass ich nicht mit einem oder mehreren Elchen konfrontiert werde, die mir den Weg versperren. Denn was soll ich dann machen? — oh! Da ist gerade irgendetwas in der Nähe meines Zeltes. Ich höre es im Unterholz. Angst. Aber nicht zu schlimme, keine Sorge. Ich habe das Pfefferspray griffbereit und das Essen ist über 100m entfernt, an einem Baum, in einer Netto-Tüte. Zurück zu den Elchen: auf dem Fahrrad bin ich ihnen ja ziemlich direkt gegenübergestellt. Vielleicht wundert es sie auch, dass ich mich so merkwürdig bewege. Und abhängen könnte ich sie auch nicht. 60 Kilometer schaffen die pro Stunde. Ich werde sehen, was ich tun werde, wenn es soweit ist. Vielleicht passiert es auch gar nicht. In den Reiseberichten anderer Fahhrar-Nordkapreisenden habe ich davon zumindest nicht gelesen.:)
Übermorgen werde ich wahrscheinlich die 1000-Kilometer-Marke überqueren. (Außer ein Fleisch fressender Elch verspeist mich.)  Das will ich dann sofort irgendwie feiern. Gibt es Vorschläge?:)
Ich fahre weiterhin vorrangig auf kleinen Landstraßen, manchmal auf den etwas größeren Provinzstraßen. Glücklicherweise haben die immer einen Seitebstreifen, dessen Breite zwischen wenigen Zentimetern und annähernd Fahrbahnbreite schwankt. (Meist sind es um die 60 Zentimeter, schätze ich.) Ich kann also auf der Straße fahren, ohne auf der Straße zu fahren.:)
Heute habe ich zum ersten mal etwas zum Mittag gegessen. Das tat gut. Nach Empfehlung eines anderen Nordkap-Reisenden (über den ich im Internet gelesen habe; er machte die Tour vor einigen Jahren mit seiner Frau und schaffte es von Trelleborg zum Kap in beeindruckenden 14 Tagen) gönnte ich mir 3 Stück Kuchen. Eine gute Empfehlung!
Mein Plan für die nächsten Tage sieht wie folgt aus: ich fahre weiter auf den kleinen Straßen bis zur Nordspitze des Vätternsees. Dort versuche ich auf den Sverigeleden, den Schwedenradweg, zu kommen und auf diesem weiter nördlich zu fahren. Jetzt wurde dieser sich noch nicht lohnen, da er zu viele Biegungen macht.
Heute war ein einsamer Tag. Vielleicht gehe ich morgen auf einen Campingplatz, um bei anderen Menschen zu sein.
Allerdings habe ich mich eben noch mit dem Paar unterhalten, dem das Grundstück, auf dem ich Zelte, gehört. (Es ist ein Wald, ihr Haus steht aber ca. 150 Meter entfernt.) sie hielten mit dem Auto, als sie mich im Wald herumstiefeln sahen. Die Frau wollte mich wegschicken (es war bereits dunkel), doch der Mann sagte dann, ich könne bleiben. Er kam sogar ein paar Minuten später mit einer großen Taschenlampe hier vorbei und wünschte mir noch einmal eine gute Nacht.:)
Die wünsche ich Euch hiermit auch! Bis morgen!
Tom :)

Mittwoch, 22. August 2012

TAG ZEHN: 60,5 KILOMETER (GESAMT 734KM), VON KOPENHAGEN NACH TROLLHOLM

Ein sehr intensiver, sehr extremer Tag. Öresundbrücke, Malmö, Schweden, Gegenwind, Karten, Autobahn, Kälte, Wärme und jetzt das Zelt in Wald. Direkt bei einem Schild, dass auf Schwedisch — aber mit dem Wörterbuch auf dem Handy halbwegs verständlich — das Allemannsretten (Jedermannsrecht) erklärt und somit meine Anwesenheit hier unumstößlich legitimiert. Die Reise wird, habe ich das Gefühl, langsam zum Abenteuer. Jetzt ist es wirklich abends kalt und es weht stärker Wind über mein Zelt, in dessen Eingang ich gerade hocke und koche. Es ist nicht mehr ganz so einfach, Wasser zu finden. Vorhin habe ich es mir auf einem Friedhof geholt — hoffentlich keine Sünde. Hier im Wald und mit dem vielen Essen, das ich dabeihabe, denke ich natürlich auch an Tiere. Vor ein paar Nächten hat mich in Schwaan schon ein Igel mitten in der Nacht zu Tode erschreckt, was soll dann erst beim Elch passieren? Ein Mann aus meinem Zimmer in Kopenhagen sagte mir heute morgen, er fände es gut, wenn Menschen im Internet von Reisen wie der, die ich gerade mache, berichten. Die Strapazen, die diese Leute durchmachen müssten, ließen ihn sein eigenes Leben immer ein bisschen lockerer sehen und seine Probleme kleiner werden. Also, wenn das jemand liest, der es gerade schwer hat: Ich hatte heute auch mehrere Stunden wirklich starken Gegenwind, ständig sind Dinge vom Rad gefallen, ich bin halb aus Versehen auf eine Art Bundesstraße gekommen, wo alle 80 oder 100 fuhren, wurde angehupt, vom Wind fast in den Straßengraben geschmettert, dann wieder von LKW angesogen. Ich habe knapp eine Stunde einen Großmarkt für Lebensmittel erkundet, mich endlich wieder mit Nahrung eingedeckt und mich über die Preise gefreut, um an der Kasse bitter enttäuscht feststellen zu müssen, dass ich nicht “Mitglied” bin. Ich habe nicht die Bücher über den Schwedenradweg gefunden, die ich wollte und bei h&m in Malmö gab es noch keine Handschuhe, obwohl in Nordschweden die Temperaturen schon jetzt unter 10 Grad liegen. Also: Ihr seid nicht allein, ich mache auch was durch.;) aber am Ende des Tages ebbte der Wind ab und die Sonne begann stark zu scheinen. Es war kein schlechter Tag, sondern eben ein extremer und intensiver. Und ich freue mich schon darauf, mich an ihn zu erinnern. Schlaft gut! Das tue ich auch gleich — nach ein Paar Seiten Fahrenheit 451. Gute Nacht! Tom

Dienstag, 21. August 2012

TAG NEUN: 20km (gesamt 673km), von Hundige nach Kopenhagen













Ich brauche einen Schokoriegel und es ist null Uhr neun! Morgen nach Schweden. Hab schon wieder das Gefühl, dass die Reise losgeht. Gute Nacht! Entschuldigt bitte den kurzen Eintrag! Tom